Inspiriert von einem Foto, das eher zufällig auf einem Padlet des Deutschkurses 4 der Q12 zum Thema Epochenhintergründe – Autoren – Werke des Expressionismus gelandet war, initiierte Kursleiterin Veronika Villing ein Projekt, bei dem es zur Aufgabe stand, die Kernanliegen dieser sehr kontroversen Epoche um die Jahrhundertwende in einem interpretierbaren Bild einzufangen. Was am Anfang von den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern noch mit einem Augenzwinkern ausgeheckt war, führte seriös durchdacht dann aber zu verschiedenen sehr unterschiedlichen, aussagekräftigen und expressiven Bildeindrücken, die die verschiedenen Projektgruppen auf dieser Seite kurz präsentieren und kommentieren. Viel Vergnügen beim Betrachten und Hineindenken!

 

Das Haus

(Christina Schütz, Victoria Walz)

Das Haus wirkt übermächtig groß. Wir haben die industriellen Momente der geraden und systematische Bauweise eingefangen. Das Hochhaus wirkt wie eine sichere Burg. Trotzdem kann jemand eindringen, (wie wir ja gesehen haben). Hier sehen wir die Parallele zur Titanic, welche von den Menschen als unzerstörbar angesehen wurde, dann aber durch die Naturgewalten zu Grunde ging. Hier ist es der Natur auch gelungen einzudringen in Form eines Verbrechers, der durch seine natürlichen Triebe beeinflusst wurde.

Die Farben sind kalt und assoziieren damit den Winter.

Lärm

(Patrizia Vetterl, Annie Schulze, Cora Thieme, Anna Rosner)

Auf den ersten Blick ist nicht sofort zu erkennen, dass auf dem Bild ein Treppenhaus abgebildet ist, indem noch der Ausschnitt eines Gemäldes zu sehen ist. Durch den ungewöhnlichen Blickwinkel des Betrachters entsteht  Verwirrung und eine gewisse Orientierungslosigkeit.

Das triste farblose Geländer zieht sich unendlich in die Tiefe und symbolisiert die erdrückende Größe der Stadt. Leere Gänge, ganz in Grautönen gestaltet, zeigen die Einsamkeit und Angst der Menschen vor Isolierung. Die quadratische und symmetrische Bauweise werden durch die ungewöhnliche Perspektive verzerrt und verlieren so die Funktion von Halt und Ordnung.

Im Kontrast zu der dargestellten Stille und Leere des Treppenhauses scheint die bunte Farbexplosion des Gemäldes den Betrachter anzuschreien, daher auch der Titel Lärm. Die Idee hinter dem Bild ist die Darstellung des inneren Chaos des modernen Menschen.

Trotz äußerlich perfekt scheinender Umgebung gelingt der Versuch der inneren Orientierung nicht und wirkt sich somit auch auf Perspektive und Lebensweise aus. Das Resultat ist ein verzerrtes Weltbild, in einer  eigentlich ordentlichen Welt.

Persönliches Gefängnis (Aufzug)

(Anna Schüller, Janina Reith, Jessica Weidel, Lukas Stautner, Lisa Dallmeier)

Das Bild veranschaulicht die beengenden Verhältnisse der wachsenden Städte.

Obwohl der Raum sehr eng und voll ist, wirkt er sehr gefühllos und kalt. Dargestellt durch die metallischen Wände und dadurch, dass jeder alleine leidet, obwohl um ihn herum Menschen wären, wird die Anonymität der Großstadt zum Ausdruck gebracht.

Gefangen im Jetzt (Zaun)

(Anna Schüller, Janina Reith, Jessica Weidel, Lukas Stautner, Lisa Dallmeier)

Das Bild veranschaulicht die räumliche Gefangenheit in der Stadt.

Durch das Gitter werden die beengenden Verhältnisse in der Stadt deutlich. Nicht nur der Winter, sondern auch Gefühlskälte der Neuzeit wird durch den Schnee dargestellt.

Der Untergang (blau beleuchtet)

(Anna Schüller, Janina Reith, Jessica Weidel, Lukas Stautner, Lisa Dallmeier)

Die Leute bedauern den Verlust materieller Dinge (vgl. Auto im Vordergrund), während es ihnen gleichzeitig egal ist, dass die Welt hinter ihnen zu Grunde geht und sie dabei ihr Leben verlieren könnten. Die blaue Belichtung versinnbildlicht die Gefühlskälte und der helle Fleck im Hintergrund kann als Naturkatastrophe gesehen werden.

Die Flucht

(Anna Schüller, Janina Reith, Jessica Weidel, Lukas Stautner, Lisa Dallmeier)

Die Menschen flüchten vor der immer größer und enger werdenden Stadt und vor dem Feuer im Hintergrund. Das Feuer kann für Krieg stehen, da eine gewisse Kriegsbegeisterung zur Zeit der Jahrhundertwende herrschte oder als Naturkatastrophe. Janina in der Mitte hat ihr Schicksal akzeptiert und flüchtet als einzige nicht vor dem Feuer.

Neue Wohnideen

(Nico Sempert, Jonas Zwickl)

Der Protagonist sitzt im Schaukelstuhl und blickt auf eine in alle Richtungen unendliche Wand von Häusern. Er sitzt im Schnee in dieser bedrückenden Stadt in seinem Schaukelstuhl, denn er hat seine Heimat verloren.

Obwohl die vielen Wohnungen Menschen und viel Leben suggerieren, ist er völlig allein und verloren in der unendlichen Leere und doch Fülle der Großstadt. Es ist kalt, der Winter hat bereits Einzug gehalten, sowohl in der Stadt als auch in der Seele der Menschen. Die Bäume sind karg und die Natur verdrängt – von der Stadt.

Der Sog

(Nico Sempert, Jonas Zwickl)

Der Protagonist sitzt im Schaukelstuhl und blickt in den unendlichen Abgrund, von dem er verschlungen wird. Die Stadt und die Hochhäuser saugen ihn ein.

Der Schock

(Robert Roppel, Jacques Schießl, Linus Schungl)

Das Bild zeigt ein Auge beim Anblick eines schockierenden Ereignisses. Umgebung spiegelt sich im „feurigen“ Auge wider, wobei die Farbtupfer um das Auge die möglichen Katastrophen beschreiben (z. B. kann das Blau einen Tsunami symbolisieren, das Grün eine Naturkatastrophe, das Gelb Viren).

Menschenhandel

(Robert Roppel, Jacques Schießl, Linus Schungl)

Die Ware in grotesker Pose veranschaulicht die derzeitige Situation des Menschen, der gefangen ist in einer Gesellschaft, die durch den Kapitalismus zusammengehalten wird. Der Mensch und die Informationen über den Menschen werden immer wichtiger. Daten sind die Währung des 21. Jahrhunderts. Der Spruch „Wissen ist Macht“ ist wahrer den je.

Selbstbildnis

(Robert Roppel, Jacques Schießl, Linus Schungl)

Das Unbekanntsein in der Großstadt als Folge der Verstädterung nimmt immer stärker zu. Anonymität und die damit verbundene Einsamkeit wird immer stärker zu einem zentralen Problem in unsere Gesellschaft. Corona hat diesen Effekt nur verstärkt und das Licht der Öffentlichkeit drauf scheinen lassen.