Sicher unterwegs im Netz
Dass wir uns derzeit mitten in einer digitalen Revolution befinden, das wird wohl niemand bestreiten. Mit der permanenten Verfügbarkeit gigantischer Datenmengen ergeben sich zahlreiche Chancen; die Risiken scheinen jedoch auf den ersten Blick gering zu sein.
Dass ein zweiter Blick auf die Gefahren, die durch einen unkritischen Gebrauch des Internets einhergehen können, nützlich ist, zeigte Bruno Lux am Elternabend der 8. und 9. Klassen auf. Der Leiter der staatlichen Schulberatungsstelle für Niederbayern war ans Ludwigsgymnasium in den Thomas-Stellmach-Saal gekommen, um Eltern für Cyber-Gefahren zu sensibilisieren.
Zunächst relativierte der von der Schulleitung eingeladene Referent Unkenrufe in Bezug auf technische oder mediale Neuerungen. Schon im 18. Jahrhundert waren Klagen über eine „Lesesucht“ laut geworden. Bücher seien „liederliche Zeitfresser“, halten die Menschen davon ab, etwas „Nützliches zu tun“, führen zu „Schlaffheit, Blähungen und Verstopfungen“ und stürzen „schwache Charaktere ins Verderben“. So äußerten sich besorgte Zeitgenossen. Auch der Gedanke, von A nach B mit einem Zug zu gelangen, wurde im 19. Jahrhundert sogar von Medizinern äußerst kritisch beäugt, schließlich könne der Geschwindigkeitsrausch eine Hysterie bedingen. Ähnliches war später in Sachen Popmusik oder Fernsehen zu hören. Man sieht, Bedenkenträgerei hat eine lange Tradition, gerade in Deutschland.
Heutzutage ist das Internet nicht mehr wegzudenken, 98% der Jugendlichen besitzen ein Smartphone. Während die Verkehrserziehung hierzulande eine lange Tradition hat, stecke die Medienerziehung noch in den Kinderschuhen. Dass aber auch Kinder und Jugendliche über mögliche Risiken Bescheid wissen müssen, zeigen aktuelle Rechtsfälle. So ist ein Kind für sein Tun prinzipiell ab Vollendung des 7. Lebensjahres haftbar. Straftaten stellen zum Beispiel Cybermobbing oder das Weiterleiten kinderpornografischer Bilder dar. So wurde ein zwölfjähriger Junge vom Landgericht Memmingen am 3.2.2015 zu einer Zahlung von 13.500 € verurteilt. Der Junge, nicht die Eltern.
Humorvoll und launig präsentierte Bruno Lux die neuesten, zum Teil erschreckenden Trends in den sozialen Netzwerken. Facebook wird von vielen Jugendlichen mittlerweile als eine Art Altenheim wahrgenommen. Da die Nutzer die Inhalte bestimmen, gibt es im Web 2.0 nichts, was es nicht gibt. Die Gefahr bestehe darin, dass Kinder, Jugendliche oder Erwachsene etwas öffentlich machen, was nicht in die Hände Dritter gelangen sollte. So gebe es schon längst Datensammelagenturen, die Daten aus öffentlichen Netzwerken verkaufen. Häufig sei derzeit auch der Austausch Gleichgesinnter via Videos, zum Beispiel in Bezug auf Essstörungen, Pädophilie oder Suizid. Weltweit auf dem Vormarsch sei auch die Erpressung durch Fotos oder Videos mit sexuellen Inhalten, auch Sextorsion genannt.
Schließlich kann das Internet auch zur Sucht werden. Ob Online-Sexsucht, Online-Kommunikationssucht oder Online-Spielsucht, immer tickt das Hirn wie bei Drogenabhängigen. Es handelt sich hierbei um zwanghaftes Verhalten, das mit einem Kontrollverlust einhergeht. Soziale Kontakte werden vernachlässigt und es entsteht der Drang, die Dosis zu erhöhen. Folgeerscheinungen sind Bewegungsmangel und schlechte Ernährung, weshalb eine fachärztliche Betreuung unumgänglich wird. Gerade hier können Eltern und Erzieher rechtzeitig Grenzen setzen. Zum Beispiel sei es eine Frage des Anstandes, ein persönliches Gespräch nicht wegen eines Handys, das sich meldet, zu unterbrechen.
Die stellvertretende Schulleiterin Ricarda Krawczak bedankte sich ganz herzlich bei Bruno Lux und regte an, im zweiten Schulhalbjahr mit den Schülerinnen und Schülern der achten und neunten Jahrgangsstufe einen Workshop durchzuführen.
Markus Engl