Von Fischen, Fallas und Fiesta: Studienfahrt nach Valencia
Das Stereotyp des Spaniers ist die feurige, schöne und gebräunte Señorita, vorzugsweise im wallenden Flamencokleid und mit einem aufwendig verzierten Fächer in der Hand. Der „typische Deutsche” hingegen trägt Polohemd und weiße Socken in Sandalen und schützt sich mit dick aufgetragener Sonnenmilch gegen jegliche UV-Strahlung. Was passiert nun wenn diese beiden konträren Welten aufeinander treffen?
Dies galt es für die Spanischschüler der Q11 und Q12 des Ludwigsgymnasiums Straubing auf ihrer Fahrt nach Valencia herauszufinden. Ziel der Studienfahrt war es, die Kultur der Stadt und des Landes kennenzulernen und die, bis dahin nur im schulischen Umfeld erprobten, Spanischkenntnisse zu erproben und auszubauen. Zur Verbesserung des Sprachkönnens wurden die Schüler zudem in spanischen Gastfamilien untergebracht und erhielten montags bis freitags Unterricht in einer Sprachschule von geschulten (ausschließlich spanisch sprechenden!) Lehrern.
Die Reise begann am Samstag, den 12. September 2015, mit der einstündigen Fahrt vom Ludwigsgymnasium zum Flughafen München-Erding und dem (bis auf wenige Turbulenzen) angenehmen Flug nach Valencia. Dort wurden die Schüler schon gespannt von den Gastmüttern und -vätern erwartet, bei denen sie die nächsten sieben Tage wohnen sollten.
Nach der Ankunft in den Wohnungen der Gastfamilien war erst einmal Zeit für besseres Kennenlernen und für die wichtigsten Fragen (Wie spricht man eure Namen exakt aus? Woher kommt ihr genau? Habt ihr Geschwister/Haustiere/etc.? Wart ihr schon einmal in Spanien?…). Nach dem Abendessen fand sich noch Gelegenheit für das Auspacken der Koffer, und dann war der Ankunftstag auch schon wieder zu Ende.
Am Sonntag stand eine geführte Radtour durch die „Lunge Valencias“ und die „Stadt der Künste und Wissenschaften“ auf dem Programm. Bei dieser Gelegenheit konnten die Jugendlichen einen ersten Eindruck von der Flora, Fauna und Kultur Valencias gewinnen. Der Ausflug begann mit der Fahrt durch das trockengelegte Flussbett des Río Turia, das nach der Umleitung des Flusses zu einer langestrecken Parklandschaft mit einer Vielzahl von Grünflächen, Fußball- und Spielplätzen, Lauf- und Fahrradwegen und vielseitiger Bepflanzung umgestaltet worden ist und nun von den Bewohnern der Stadt als Freizeiterholungsort, Sportplatz oder Arbeitsumgebung genutzt wird.
Die Bezeichnung „pulmón de Valencia“ (zu Deutsch „Lunge Valencias“) rührt von der positiven Auswirkung der Begrünung auf die Luftqualität der Stadt her und wird oft als Synonym zum offiziellen „Jardines del Turia“ verwendet. Angrenzend an die Parklandschaft liegt die „Ciudad de las Artes y Ciencias“, eine von dem bekannten spanischen Architekten Santiago Calatrava organisch-futuristisch gestaltete Touristenattraktion, die den „Palau de las Artes“, das „Museo de las Ciencias“, das „Hemisférico“, das „Ocenanográfico“ und die „Pont de l’Assut de l’Or“ umfasst.
Die verschieden Attraktionen dieser Anlagen wurden zwar erst im Laufe der Woche besichtigt, allerdings beeindruckte bereits die erste Impression der monumentalen, maritim anmutenden und aufwendig gestalteten Bauwerke die Betrachter und führte ihnen die modernen, juvenilen und kreativen Strömungen in Valencia vor Augen.
Der folgende Tag begann mit Unterricht an der AIP-Sprachschule. Die Schüler wurden nach ihren individuellen Leistungen in verschiede Kurse eingeteilt und erhielten von speziell ausgebildeten spanischen Lehrkräften täglich drei mit verschiedensten Sprach- und Grammatikübungen, wobei das Augenmerk vor allem auf freiem Sprechen und der Verbesserung der Sprachgewandtheit lag.
Nach dem Mittagessen wurde bei der Stadtführung im historischen Zentrum eine andere Facette Valencias präsentiert. Im Gegensatz zu Calatravas progressiver Architektur lernten die Schüler hier das Stadtbild aus der Zeit des spanischen Weltimperiums kennen, welches – wenn auch stiltechnisch radikal anders – so doch nicht minder beeindruckend war.
Der Rundgang durch die Stadt führte gleichzeitig durch die Kunst- und Architekturepochen Spaniens, von den ehemaligen Verteidigungstürmen, den „Torres del Serranos“, über die gotische Kathedrale „Santa Maria“ (welche allerdings im Innenraum auch barocke Einflüsse aufweist) bis hin zu den Hallen des „Mercado de Colón“, die erst in den 1920er Jahren erbaut wurden.
Auch die Freizeitkultur der Spanier wurde den Jugendlichen vermittelt, da sowohl die typischen Stadtcafés und kleinen Lebensmittelgeschäfte als auch die große Shoppingmeile „Don Juan de Austria“ auf dem Weg lagen. Die abendliche Freizeit konnte nun an ebendiesen Vergnügungsorten, am Strand oder in den Gastfamilien verbracht werden.
Folgend auf den Unterricht des nächsten Tages besichtigten die Schüler das „Museo Fallero“. Das Fest der „Fallas“ ist ein traditionelles Frühlingsspektakel in Valencia, bei dem acht bis 20 Meter hohe Figuren aus Holz und Pappmaché angefertigt und durch die Stadt getragen werden. Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes, werden die Figuren feierlich verbrannt. In dem Museum ausgestellt sind kleinere Nachbildungen von besonders spektakulären Figuren aus der Geschichte dieser Tradition, wobei besonders lustige oder groteske Darstellungen bei den Jugendlichen beliebt waren.
Anschließend folgte eine Exkursion in das „Oceanográfico“ in der Stadt der Künste und Wissenschaften. Dieses Aquarium stellt auf einer großen Fläche über 500 verschiedene Spezies von Meereslebewesen aus und bietet als besondere Attraktion eine Delfinshow an. Außerdem verfügt das Museum über besonders seltene und interessante Lebewesen wie z.B. ein ausgewachsenes Walross und zwei Belugawale und touristische Attraktionen wie den Haitunnel.
Am Mittwoch folgte auf die morgendliche Schulsequenz eine Schnitzeljagd in der historischen Altstadt Valencias. Ziel war es, die gesuchten Orte in Kleingruppen schnellstmöglich zu finden und zu fotografieren und zusätzlich verschiedenste Fragen mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung zu beantworten. Obwohl dies anfangs einiges an Überwindung kostete, wurde es durch das hilfsbereite und freundliche Verhalten der Spanier bald einfacher und mit etwas Engagement konnte man diverse interessante und kuriose Fakten über die Stadt erfahren.
Der Besichtigung des „Bioparcs“ am Donnerstag blickte ein Teil der Schüler skeptisch entgegen, aus Argwohn, sie müssten einen Tierpark besuchen, was sie als kindisch abtaten. Allerdings überzeugte das Konzept des Parks. Die Idee des „Bioparcs“ ist es, die Trennung von Tier und Besucher zu ermöglichen, ohne sichtbare Absperrungen zu errichten. Oftmals wird mit Glas, natürlichen Barrieren wie Wasser oder Steigung oder mit der Natur nachempfundenen Zäunen gearbeitet.
Durch diese Maßnahmen ist der Kontakt zwischen Mensch und Tier in dieser Anlage um einiges enger als in normalen Tiergärten. Das Gehege der Lemuren kann betreten werden, und es ist möglich einem Nilpferd, nur durch eine Glasscheibe getrennt, von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Außerdem wird versucht, den natürlichen Lebensraum der Tiere nachzubilden und den Lebewesen möglichst viel Raum zu gewähren. Das naturgetreue Ambiente und die vielfältigen Spezies sorgten für eine realistische Atmosphäre und ein gelungenes Erlebnis.
Der folgende Tag stellte den letzten in der AIP-Sprachschule dar und nach einer letzten Unterrichtsetappe wurden die Teilnahmezertifikate verteilt. Für den Nachmittag war ein Besuch im „Museo de las Ciencias“ geplant, das sich ebenfalls in der „Ciudad de las Artes y Ciencias“ befindet. Dieses moderne interaktive Museum beschäftigt sich mit unterschiedlichen Bereichen der Naturwissenschaften und ist vor allem durch seine Partizipationsmöglichkeiten für junge Menschen interessant.
Im Themenblock „Mensch“ konnten verschiedene Versuche zum eigenen Körper mit modernen Geräten durchgeführt werden, wie beispielsweise das Finden des eigenen Schwerpunktes oder die Messung der eigenen Sprungkraft. Auch den mentalen Fähigkeiten wurde ein sehr informativer Ausstellungsbereich gewidmet, der viele aktuelle Ergebnisse der Gehirnforschung mit einschloss.
Im Folgenden wohnten die Schüler der Vorführung eines 3D-Films im „Hermisférico“, dem Planetarium und Kino in der Stadt der Künste und Wissenschaften bei. Die Wölbung dieses Gebäudes ermöglicht die Illusion von Räumlichkeit ohne Hilfsmittel, wie z.B. 3D-Brillen, zu benötigen und schafft damit ein besonderes Wahrnehmungserlebnis.
Den Abschluss dieses Tages bildete ein kollektives Paella-Essen an der „Plaza de la Reina“ im Stadtzentrum. Das typisch spanische Essen ist ein auf Reis basierendes Pfannengericht, das je nach Gusto mit Meeresfrüchten, Gemüse oder Fleisch gereicht wird. Besonders in Valencia ist diese Speise wegen des umliegenden Reisanbaugebiets eine regionale Spezialität.
Am letzten Tag des Aufenthalts in Valencia fuhren die Schüler vormittags an den Strand und kehrten mittags in die Gastfamilien zurück, um die Koffer zu packen und sich zu verabschieden. Damit ging die ereignisreiche, interessante, schöne, lustige und auch lehrreiche Zeit in Spanien zu Ende und der Rückflug in das zu dieser Zeit kalte und regnerische Deutschland stand bevor. Allerdings wird jeder der Teilnehmer seine ganz persönlichen Erfahrungen, Glücksmomente und Erlebnisse noch lange im Gedächtnis behalten und sich oft mit Freude an die wunderschöne Zeit im „España maravillosa“ erinnern.